"One War - Two Standards" - Kundgebung und Demo sgn. "Drittstaatler*innen" aus der Ukraine

Hier der Aufruf der Gruppe junger Menschen aus verschiedenen Ländern, die zuvor in der Ukraine gearbeitet oder studiert haben und in Folge des russischen Angriffskriegs fliehen mussten, und die diese Demo organisieren:

Stuttgart, 24.02.2023

Es ist nun ein Jahr her, seitdem Russland den Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen hat. Ein Jahr, in dem Millionen Menschen aus einem Land in Krise fliehen mussten. Ein Jahr, in dem einige Menschen von einer offenen Willkommenskultur in Deutschland profitieren konnten und Schutz und Anerkennung als Kriegsflüchtlinge erhielten.

Es ist beeindruckend und erstaunlich, wie schnell Menschen und Politik in Krisenzeiten mobilisiert werden können, aber faktisch scheint diese Mobilisierung nur bestimmten Personengruppen zu gelten. Erneut erleben wir im modernen demokratischen Deutschland die offensichtliche Tradition der
Doppelmoral in der deutschen Politik, eine heuchlerische Gesellschaft und eine diskriminierende, offenkundig rassistische Kultur der
Ausgrenzung.

Wir sind eine Gruppe sogenannter Drittstaatsangehöriger und deren Unterstützer in Baden-Württemberg. Unter uns sind internationale Studierende und andere Internationale Bürger*innen, die die Ukraine als Kriegsflüchtlinge mit den gleichen Ängsten und Unsicherheiten verlassen mussten wie ukrainische Bürger*innen. Sie haben das Jahr hier in Deutschland in einer Situation der Unsicherheit verbracht.

Wie kann es sein, dass die Europäische Union eine Sondergenehmigung für Ukrainer ausstellt, den sogenannten vorübergehenden Schutz, und die schiere Anzahl der in der Ukraine lebenden Menschen mit vorübergehendem Status, Studentenvisum, Asylantrag usw. außer Acht lässt?

Wir fragen uns: WARUM bekommen sie nicht den gleichen Schutz wie ukrainische Staatsbürger? Was ist der Unterschied zwischen uns, die wir in der Ukraine leben und arbeiten, und all den anderen ukrainischen Staatsangehörigen, die dem Krieg entkommen sind?

Es wäre anmaßend, aber uns scheint der einzige Unterschied unsere Hautfarbe zu sein.

Wie kann es sein, dass nicht-weiße Menschen anders behandelt werden, selbst wenn sie vor derselben Tragödie fliehen? Der Großteil unserer Gruppe hat keine Rückmeldung von der Ausländerbehörde erhalten, aber alle haben mindestens einen Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 gestellt, die wenigsten haben eine Fiktionsbescheinigung erhalten, diese aber lediglich ohne Arbeitserlaubnis.

Dies war nur durch zugängliche rechtliche Unterstützung möglich, und einige erhalten immer noch nicht das Geld, auf das sie Anspruch haben. Der aktuelle Stand bei uns ist folgender:

  • kein Zugang zu Sprachkursen.
  • Keine Möglichkeit zur Fortsetzung des Studiums an einer Universität.
  • Keine Arbeitsmöglichkeit.
  • Keine Angaben und Informationen zu administrativen und gerichtlichen Verfahren und Entscheidungen.

Diese Situation hat sogar dazu geführt, dass einige von uns in das Kriegsgebiet der Ukraine zurückkehren mussten.

Ein Gefühl, ständig im Schatten zu stehen – nicht gesehen und in keine Debatte einbezogen zu werden. Darüber hinaus hat der Mangel an Informationen und die offensichtliche Unterscheidung zwischen ukrainischen Flüchtlingen und sogenannten Drittstaatsangehörigen große Auswirkungen auf die psychische Verfassung aller Betroffenen.

Die Behandlung von internationalen und insbesondere von Schwarzen Menschen und People of Color, die aus der Ukraine fliehen, ist nichts als beschämend.

Dies sind unsere Forderungen an Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland und die EU:

  • Die sofortige Anerkennung aller Menschen, die aus der Ukraine fliehen, als Kriegsflüchtlinge.
  • Und damit: Das Recht auf Information. Das Recht auf Bildung! Die Chance zur Integration in die Gesellschaft!
  • Solidarität nicht nur mit allen Ukrainern und Russen, die diesen Krieg nie wollten, sondern mit allen, die in diesen Konflikt verwickelt wurden, insbesondere mit allen Schwarzen Menschen und People of Color.

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