Bericht der Unabhängigen Kommission Antiziganismus

Der Antiziganismus - der spezifische Rassismus gegen Sinti und Roma - ist nicht nur eine historische Hypothek, sondern auch in der Gegenwart tief verwurzelt und kaum aufgearbeitet. Wer hätte das gedacht? Eine von der Bundesregierung beauftragte Kommission aus ca. 20 Sozialwissenschaftler*innen hat jetzt einen 500-seitigen Bericht über dieses Phänomen vorgestellt.

Ausgehend von der Verfolgung und Vernichtung von Sinti und Roma als zweitgrößter Opfergruppe des nationalsozialistischen Faschismus arbeitet die Studie nicht nur die vielfältigen Rassismuserfahrungen auf, denen Sinti und Roma auch heutzutage im Alltagsleben in den Bereichen Kultur, Wohnen, Bildung, Medien, Gesundheit, Behörden usw. ausgesetzt sind, sondern richtet auch 60 Handlungsempfehlungen an Politik und Gesellschaft. Ein wichtiger Bericht, denn dem Antiziganismus wurde in unserer Gesellschaft im Gegensatz zum spezifischen Rassismus gegen Jüd*innen, dem Antisemitismus, stets viel weniger Beachtung zuteil. Und so sind antiziganistische Haltungen auch in der Gegenwart allgegenwärtig und kaum öffentlich thematisiert, ganz im Gegensatz auch zum staatlich getragenen Engagement gegen Antisemitismus.

Und irgenwie irre: Die gleichen Leute, die etwa im Jahr 2014 die Westbalkanländer als "sichere Herkunftsstaaten" einstuften und damit den in Deutschland befindlichen Asylsuchenden aus diesen Ländern, meist Roma und häufig Nachfahren von NS-Opfern, ihre Asylgründe und ihre Rassismuserfahrungen absprachen, sind die Auftraggeber der Studie. So stellte Bundesinnenminister Seehofer (CSU) bei der Vorstellung des Berichts fest: "Keine Bundesregierung vorher hat sich dem Thema so tief und umfassend gewidmet". Für die Bundesregierung habe der Kampf gegen Rassismus, inklusive Antiziganismus, hohe Priorität. Wer's glaubt. Wie tief der Antiziganismus sitzt, verdeutlichte der AfD-Abgeordnete Frohnmaier (Sindelfingen) bei der Vorstellung im Bundestag. Seine Redezeit nutzte er zur Verteidigung des Wortes "Zigeuner" und zur Hetze gegen die Inhalte, Forderungen und die gendergerechte Sprache der Studie.

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