Reisepässe für afghanische Geflüchtete mit Aufenthaltserlaubnis?

Seit der Machtübernahme durch die Taliban in Afghanistan im August 2021 ist das Konsularwesen des afghanischen Staats im Ausland zusammengebrochen. Afghanische Geflüchtete in Deutschland können seitdem keine Personalausweise (Tazkira) oder afghanische Reisepässe mehr beantragen oder bekommen. Nur noch Verlängerungen bereits bestehender Pässe sind möglich. Dies führt dazu, dass vor allem Geflüchtete, deren Asylverfahren sehr lange gedauert haben, keine Pässe mehr erhalten können. Deswegen haben wir von Plan.B aus seit Ende 2021 zahlreiche afghanische Geflüchtete dabei unterstützt, bei den Ausländerbehörden sog. "Reiseausweise für Ausländer" zu beantragen, mit denen sie nach mehreren Jahren Asylverfahren die Möglichkeit erhalten, zum Beispiel ihre Verwandten im Iran besuchen zu können oder auch einfach mal Urlaub im Ausland machen zu können. Doch die Ausländerbehörden lehnen solche Anträge in bestimmten Fällen ab.

Laut Gesetz (§§ 5,6 AufenthV) ist die Ausstellung solcher Passersätze grundsätzlich möglich, sofern es keine Anhaltspunkte für Missbrauch gibt. Die Ausländerbehörde des Landkreises Tübingen stellt allerdings nur "in Ausnahmefällen" Reiseausweise aus, in denen eine "zwingende Notwendigkeit" für eine Reise dargelegt werden kann, zum Beispiel wenn schwer kranke Angehörige besucht werden sollen. Begründet wird dies mit der Passhoheit des Herkunftsstaats (in diesem Fall ein international nicht anerkanntes Terrorregime) und mit der Auffassung, dass die Ausländerbehörde das diesbezügliche öffentliche Interesse zu vertreten habe, das dem privaten Interesse des Antragsstellers an der Möglichkeit einer Auslandsreise entgegen stehe. Gegen diesbezügliche Ablehnungsbescheide sind jetzt zwei Betroffene in das Widerspruchsverfahren gegangen und werden vor Gericht klagen, sofern das Landratsamt nicht zu einer anderen Bewertung der Rechtslage kommt. In anderen Bundesländern wie etwa Berlin, stellen die Ausländerbehörden vergleichbaren Personen solche "Reiseausweise für Ausländer" grundsätzlich aus, in manchen Fällen sogar von Amts wegen, ohne Antrag, sofern die Identität der Person geklärt ist. Insofern steht bei diesem Thema auch der in der Verfassung verankerte Gleichheitsgrundsatz zur Debatte.

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