Illegale Abschiebung muss rückgängig gemacht werden!
Presseerklärung 15.9.2017
Illegale Abschiebung muss rückgängig gemacht werden!
Junger afghanischer Flüchtling trotz laufendem Klageverfahren nach Bulgarien abgeschoben
In den frühen Morgenstunden wurde gestern der 23-jährige afghanische Flüchtling H. aus seiner Unterkunft in der Wilhelm-Keil-Straße in Tübingen von der Polizei abgeholt. Von Stuttgart aus wurde er gegen 10 Uhr nach Bulgarien abgeschoben.
Zusammen mit einem gleichaltrigen weiteren afghanischen jungen Mann kam Herr H. Anfang Juni 2017 nach Deutschland und stellte einen Asylantrag. Ihre Fluchtroute führte sie von der Türkei über Griechenland nach Bulgarien. Von dort wollten sie über Serbien nach Österreich oder Deutschland kommen. Zunächst gelang der Grenzübertritt nach Serbien, doch dort wurden sie festgenommen und nach Bulgarien zurückgeschoben. Dort wurden sie fast vier Monate lang in einem Polizeigefängnis inhaftiert. Sie berichteten von fast täglichen Schlägen durch Polizisten und weiterer erniedrigender Behandlung. Unter Zwang mussten sie ihre Fingerabdrücke abgeben. Erst dann durften sie das Gefängnis verlassen. Aufgrund der unmenschlichen Behandlung wollten sie auf keinen Fall in Bulgarien bleiben.
Bereits Ende Juli wurde der Asylantrag von Herrn H. nach der Dublin-Verordnung als "unzulässig" abgelehnt und die Abschiebung nach Bulgarien angedroht. Doch Herr H. reichte Klage und Eilantrag beim zuständigen Verwaltungsgericht ein. Dem Rechtsanwalt von Herrn H. liegt die Eingangsbestätigung des Verwaltungsgerichts vor, bisher wurde jedoch weder über den Eilantrag noch über die Klage entschieden. Eine Abschiebung ist auf dieser Grundlage rechtlich nicht zulässig. Das zuständige Regierungspräsidium Karlsruhe war in den frühen Morgenstunden für den Anwalt nicht zu erreichen und so konnte die Abschiebung nicht gestoppt werden.
"Diese Abschiebung muss rückgängig gemacht werden. Herr H. muss nach Deutschland zurückgebracht werden", fordert Andreas Linder von move on - menschen.rechte Tübingen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und das Regierungspräsidium hätten in diesem Fall grob fehlerhaft gearbeitet und das Recht von Herrn H. auf gerichtliche Klärung seines Bleiberechts in Deutschland unterlaufen. Hinzu komme, dass Bulgarien zu den Ländern mit systemischen Mängeln im Asylverfahren gehöre. Dies belegen zahlreiche Berichte unter anderem auch des UNHCR sowie Verwaltungsgerichtsurteile (vgl. www.asyl.net). Für Herrn H. bestand also eine berechtigte und eine begründete Chance, dass das Verwaltungsgericht die Entscheidung des BAMF aufhebt und eine Abschiebung nach Bulgarien untersagt.
Unterzeichner/innen:
Bündnis Bleiberecht Tübingen – www.bleiberecht.mtmedia.org
move on – menschen.rechte Tübingen e.V. - www.menschen-rechte-tue.org
AK Asyl Südstadt Tübingen
Sprecherrat Flüchtlingshilfen Kreis Tübingen – www.fluechtlingshilfen-kreis-tuebingen.de
- 16.09.2017 Schwäbisches Tagblatt Tübingen: "Am frühen Morgen abgeholt. Junger Afghane wurde am Donnerstagmorgen nach Afghanistan abgeschoben. Sein Anwalt hält das für rechtswidrig." (PDF)