BaWü-Vorgriffsregelung für "Beschäftigungsduldung"

Mit einem Erlass vom 27.3.2019 führte das baden-württembergische Innenministerium eine Vorgriffsregelung für die sog. Beschäftigungsduldung ein. Demnach können abgelehnte Asylsuchende, die die im Gesetzentwurf der Bundesregierung über das "Gesetz über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung" vom 18.12.18 vorgesehenen Voraussetzungen für eine "Beschäftigungsduldung" erfüllen, in Deutschland bleiben. Allerdings sind diese Voraussetzungen sehr restriktiv. Die Wirtschaftsverbände, Betriebe und Flüchtlingshilfsorganisationen, die die Möglichkeit für einen "Spurwechsel" lange forderten, kritisieren den Gesetzentwurf zu Recht als "Spurwechselverhinderungsgesetz" und fordern Verbesserungen. Das Gesetz in seiner jetzigen Fassung, das zusammen mit dem "Fachkräfteeinwanderungsgesetz" am 1.1.2020 in Kraft treten soll, wird die von den Arbeitgebern geforderte und jetzt von Innenminister Strobl proklamierte Rechtssicherheit eben nicht schaffen. Dies zeigt sich vor allem daran, dass der Gesetzentwurf vorsieht, dass ein Antrag auf eine Beschäftigungsduldung erst nach 12 Monaten Duldungszeit gestellt werden kann. Diese Zeit werden die Ausländerbehörden in vielen Fällen nutzen wollen, um den Aufenthalt zu beenden bzw. Abschiebungen durchzuführen.

Was sind laut Gesetzentwurf die Voraussetzungen für eine "Beschäftigungsduldung"?

§ 60c AufenthG-E (Fassung der Bundesregierung vom 18.12.2018): Eine Ermessensduldung für 30 Monate „ist in der Regel“ zu erteilen, wenn

  • 1. die Identität geklärt ist
  • 2. der/die Antragsteller*in seit 12 Monaten im Besitz einer Duldung ist
  • 3. Seit mindestens 18 Monaten* eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von mind. 35 Std. / Woche
    – bei Alleinerziehenden mind. 20 Std. / Woche
  • 4. In den letzten 12 Monaten der Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit gesichert war
  • 5. Der Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit weiter gesichert ist
  • 6. „hinreichende“ Deutschkenntnisse vorliegen (A2)
  • 7. Antragsteller*in und Ehegatte/in nicht wegen einer in Deutschland begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt sind
  • 8. Keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen vorliegen
  • 9. Für die minderjährigen Kinder tatsächlicher Schulbesuch nachgewiesen wird
  • 10. Antragsteller*in und Ehegatte/in am Integrationskurs teilgenommen haben, sofern sie dazu verpflichtet wurden
    * Stellungnahme Bundesrat: 12 Monate

Die Duldung soll widerrufen werden, wenn eine der Voraussetzungen von 1. bis 10. nicht mehr erfüllt sind. Eine kurzfristige nicht selbstverschuldete Unterbrechung bei 2. und 3. kann unberücksichtigt bleiben.

PRAXISTIPP: Wer also diese Voraussetzungen erfüllt, kann ab sofort in Baden-Württemberg eine "Ermessensduldung" nach § 60a Abs.2, S.3 beantragen. Ratsam könnte sein, den Antrag auf Ermessensduldung auch dann zu stellen, wenn ggf. eine der Voraussetzungen nicht oder noch nicht erfüllt ist. Ggf. gegen die Ablehnung Klage beim Verwaltungsgericht einreichen.

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