Palmers Liste
26.02.2019 Schwäbisches Tagblatt: Schon zwei Dutzend Auffällige (PDF). Die Lokalzeitung berichtet über den Fragenkatalog der Unterstützerkreise an die Gemeinderatsfraktionen und die Reaktionen der Stadtverwaltung.
22.02.2019 Fragenkatalog der Flüchtlingshilfen Kreis Tübingen und anderer an die Gemeinderatsfraktionen der Stadt Tübingen (PDF)
Flüchtlingshilfen Kreis Tübingen
Netzwerk der ehrenamtlichen Unterstützerkreise
www.fluechtlingshilfen-kreis-tuebingen.de
An die Fraktionen des Gemeinderats der Stadt Tübingen
Zur Kenntnis an
Integrationsrat Tübingen / Fachabteilung soziale Hilfen für Geflüchtete / Stabstelle Gleichstellung und Integration / Oberbürgermeister Boris Palmer / RP Tübingen / Presse / netzpolitik.org / Landesdatenschutzbeauftragter
Sehr geehrte Damen und Herren,
in der Südwestpresse und dem Schwäbischen Tagblatt wurde am 29. und 30.01.2019 berichtet, dass die Stadt Tübingen bereits seit Jahresbeginn eine Liste mit sogenannten „auffälligen Flüchtlingen“ führt, und diesbezüglich einen engen personenbezogenen Informationsaustausch u.a. zwischen Verwaltung, Polizei und städtischer Sozialarbeit etabliert. Geflüchtete Menschen, die auf dieser Liste geführt werden, sollen künftig in der Anschlussunterkunft Europastraße in Tübingen konzentriert untergebracht und „unter Bewachung“ gestellt werden.
Dieser neue Umgang der Stadtverwaltung mit in Tübingen lebenden Geflüchteten wurde bisher nicht ausreichend transparent thematisiert. Schon die wenigen bisher bekannten Details werfen viele Fragen auf hinsichtlich der Rechte der Betroffenen, der Rolle und Zielsetzung der haupt- und ehrenamtliche Integrationsarbeit in unserer Stadt, und des Menschenbilds, das die Stadtverwaltung gegenüber in unserer Stadt lebenden Menschen kommuniziert und praktiziert. Eine kritische und Transparenz im Handeln der Verwaltung einfordernde Diskussion zu diesem Thema halten wir daher für unbedingt notwendig.
Als Gemeinderätinnen und -räte üben Sie auch eine demokratische Kontrollfunktion gegenüber der Stadtverwaltung aus. Wir möchten Sie deshalb bitten, die "Liste der Auffälligen" und die geplante zukünftige Nutzung der AU Europastraße als kommunale Unterbringung für (auch unterhalb der Schwelle strafrechtlicher Relevanz) als "auffällig" bezeichnete Geflüchtete nicht einfach als Verwaltungshandeln zur Kenntnis zu nehmen, sondern dieses neue Konzept der Stadtverwaltung öffentlich im Gemeinderat zu thematisieren.
Als Handreichung dafür finden Sie bei diesem Schreiben einen Katalog mit den unserer Meinung nach drängensten Fragen zu dieser Thematik. Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung und Ihre menschliche, soziale und politische Einschätzung dazu.
Unser Fragenkatalog zur „Liste der Auffälligen“ wird unterstützt von:
Bündnis Bleiberecht Tübingen, Asylzentrum Tübingen, Unterstützerkreis AU Europastrasse, Katholische Gesamtkirchengemeinde Tübingen, Diakonisches Werk Tübingen, move on – menschen.rechte Tübingen.
Mit freundlichen Grüßen,
Der Sprecherrat der Flüchtlingshilfen Kreis Tübingen
Dr. Wolfgang Bleicher, Werner Hörzer, Andreas Linder, Monika Petersen, Marc Schauecker
Kontakt: sprecherrat@fluechtlingshilfen-kreis-tuebingen.de
Fragenkatalog zur "Liste der Auffälligen"
(im Folgenden: "Liste")
Auf welcher allgemeinen Rechtsgrundlage wird die Liste geführt?
Gibt es exakt definierte Kriterien, aufgrund derer ein Betroffener auf dieser Liste eingepflegt und geführt wird?
Wird den Betroffenen rechtsverbindlich mitgeteilt, dass sie auf der Liste geführt werden und aufgrund welcher Kriterien ihr Eintrag in die Liste erfolgt ist?
Werden die Betroffenen über Art und Umfang der über sie gespeicherten Daten auf der Liste informiert?
Werden die Betroffenen über die datenerhebende Stelle, die verarbeitenden Stellen und ggf. dritte Stellen informiert, die Zugriff auf die Daten in der Liste haben?
Welche Personen/Institutionen haben in welcher Form permanenten bzw. direkten Zugriff auf die Liste (bitte jeweils ausführen: Aufgabenbereich; Administrative Berechtigung, Schreibberechtigung oder Leseberechtigung; jeweilige Rechtsgrundlage)?
Welchen weiteren Personen/Institutionen werden in der Liste hinterlegte Informationen ggf. noch zugänglich gemacht, etwa auch in zusammengefasster Form oder in Auszügen; mündlich oder schriftlich; automatisiert oder auf Anfrage/Auskunftsersuchen (bitte ebenfalls detailliert aufschlüsseln)?
Welche technischen und organisatorischen Maßnahmen wurden ergriffen, um sicherzustellen dass ausschließlich o.g. Personen und Institutionen Zugriff auf die in der Liste erfassten Daten der Betroffenen haben?
Werden die in der Liste erfassten Daten verwaltungsintern mit weiteren Daten, Datensammlungen oder Datenbanken verknüpft? Wenn ja, mit welchen, in welcher Form und zu welchem Zweck?
Haben die Betroffenen das Recht auf Einsicht in sämtliche über sie in der Liste gespeicherten Daten, sowie die Möglichkeit zur Berichtigung dieser Daten?
Haben die Betroffenen die Möglichkeit, gegen ihren Eintrag auf der Liste formal Widerspruch/Rechtsmittel einzulegen? Wenn ja, mit welchen Fristen und auf welcher Rechtsgrundlage? Wenn nein, warum nicht?
Welche Kriterien werden seitens der Stadtverwaltung vorausgesetzt, die ein Betroffener erfüllen muss um wieder von der Liste gestrichen zu werden?
Welche Aufbewahrungs-, Lösch- und Sperrfristen gelten für die Einträge der einzelnen Betroffenen auf der Liste?
Ist geplant, auf Grundlage der Liste statistische Auswertungen vorzunehmen? Falls ja: welche statistischen Merkmale werden erhoben, mit welcher Zielsetzung, wie häufig erfolgt eine Auswertung und welchen Personen/Institutionen werden die Ergebnisse einer solchen statistischen Auswertung ggf. zugänglich gemacht?
Personen, die auf der Liste geführt werden, sollen der Anschlussunterkunft Europastraße zugewiesen werden. Soll es sich dabei (ausschließlich) um Personen handeln, die zuvor von einem Gericht wegen einer Straftat verurteilt worden sind? Falls ja: Bei welchen Verurteilungen zu welchen Straftaten kommt eine Verlegung in diese Unterkunft in Frage? Falls Nein: Bei welchen Verdächtigungen oder ggf. polizeilichen Ermittlungserkenntnissen soll auf welcher Rechtsgrundlage in diese Unterkunft zugewiesen werden?
Wurden die in der AU Europastrasse engagierten Ehrenamtlichen im Vorfeld darüber informiert, dass eine Neubelegung mit "irgendwie auffälligen" Geflüchteten auf Grundlage der Liste, und eine Neuausrichtung der AU als "Sonderunterkunft" geplant ist?
Wurden die aktuell in der AU Europastraße untergebrachten Geflüchteten über die geplante Neuausrichtung der AU als "Sonderunterkunft" informiert?
Besteht künftig für die IntegrationsmanagerInnen eine generelle Berichtspflicht an vorgesetzte Verwaltungsstellen und Polizei bereits bei "auffälligem" Verhalten, auch bei nicht im Sinne des Strafrechts nachweislich delinquenten Geflüchteten?
Werden bei Konflikten und Problemen der von den IntegrationsmanagerInnen betreuten Klienten auch weiterhin zunächst schwerpunktmäßig sozialarbeiterische Lösungsmöglichkeiten (z.B. Einzelgespräche, Mediation, Schlichtung) ausgeschöpft, bevor seitens des Integrationsmanagements eine Information an Polizeibehörden und andere Dritte ergeht?
Welche Auswirkungen hat die in diesem Konzept den städtischen SozialarbeiterInnen zugedachte Rolle auf bereits bestehende bzw. im Sinne professioneller sozialer Arbeit anzustrebende Vertrauensverhältnisse zu den von ihnen betreuten Betroffenen?
Wie wird gewährleistet, dass durch die Liste die im Hinblick auf die Integration von Geflüchteten immanent wichtige vertrauensvolle Kooperation zwischen den ehrenamtlich und freiwillig Engagierten und den hauptamtlichen SozialarbeiterInnen nicht beschädigt wird?
Wurde das Konzept der Liste mit der Leitungsebene der Fachabteilung soziale Hilfen und/oder den einzelnen IntegrationsmangerInnen gemeinsam entwickelt, und sind diese der Ansicht, dass die Liste aus fachlicher Sicht dem Zweck und dem Auftrag der Fachabteilung und der Integration der Betroffenen dient?
Welche Maßnahmen sind geplant, um der - teils auch durch die bisherige öffentliche Kommunikation von führenden Persönlichkeiten der Stadtverwaltung bereits von Anfang an betriebenen - Stigmatisierung der aktuell und künftig in der AU Europastraße zugewiesenen Menschen entgegenzuwirken?
Wie wird - nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz - gewährleistet, dass die aktuellen und künftigen Bewohner der AU Europastraße den selben Zugang zu städtischen Integrations-, Unterstützungs und Beratungsangeboten haben wie Geflüchtete in anderen Unterkünften mit dem selben Aufenthaltsstatus?
Kontakt:
Matthias Schuh, m.schuh@neckargeo.net
oder sprecherrat@fluechtlingshilfen-kreis-tuebingen.de
5.2.2019
Flüchtlingshilfen im Kreis Tübingen
Netzwerk der ehrenamtlichen Unterstützerkreise
www.fluechtlingshilfen-kreis-tuebingen.de
Presseerklärung 2.1.2019
Es braucht keine „Liste der auffälligen Flüchtlinge"
Die Flüchtlingshilfen im Kreis Tübingen kritisieren die von
Oberbürgermeister Boris Palmer eingerichtete „Liste der Auffälligen"
(vgl. Schwäbisches Tagblatt 30.1.19). Weder sinnvoll noch zielführend
sei auch, die als „auffällig" Identifizierten alle in eine gesonderte
Unterkunft zu verlegen. „Wir haben die Sorge, dass die Europastraße
dadurch zu einer Brennpunkt-Unterkunft wird, wo nur noch repressiv
vorgegangen wird, aber nicht mehr präventiv und lösungsorientiert",
sagt Andreas Linder, Mitglied des Sprecherrats.
Auffälliges Verhalten und Straftaten verhindere man nicht dadurch, dass
man Listen führt und in Sonderlager einweist. In der
Unterstützungsarbeit für Geflüchtete habe sich der persönliche
Kontakt, die Begleitung im Alltag und ein offener und solidarischer
Umgang mit Geflüchteten bewährt. Möglicherweise müsse hierbei bei
den schwierigeren Fällen (noch) mehr getan werden. „Hierfür bieten
wir Ehrenamtliche der Stadtverwaltung und den städtischen
Sozialarbeiter/innen die Zusammenarbeit an", so Linder weiter.
Die Flüchtlingsunterstützerkreise haben grundsätzlich kein
Verständnis für Straftaten oder für gewalttätiges Verhalten, ob es
sich bei den Tätern um Geflüchtete handelt oder nicht. Im Umgang mit
Geflüchteten müssen aber die gleichen Regeln gelten wie mit allen
anderen Menschen auch. Auch sie hätten das Anrecht auf einen fairen
Umgang und ein rechtsstaatliches Verfahren. So sei die Aufklärung,
Verfolgung und gegebenenfalls Verurteilung von Straftaten eine Sache der
Justiz und nicht des Oberbürgermeisters. Die Flüchtlingshilfen fordern
OB Palmer deswegen auf, die Stimmung gegen Geflüchtete nicht weiter
einseitig anzuheizen und die Verfolgung von Straftaten der Justiz zu
überlassen. Jeder Strafvollzug beruht auf der Annahme, dass Menschen,
die Straftaten begehen, in der Regel wieder in die Gesellschaft
eingegliedert werden können. Bei Geflüchteten kommt hinzu, dass viele
traumatisiert sind und bei intensiver Begleitung besser in unsere
Gesellschaft eingegliedert werden können.
Die ehrenamtlichen Unterstützerkreise unterstützen auch diejenigen
Geflüchteten, deren Asylantrag abgelehnt wurde. In jedem Einzelfall sei
zu prüfen, ob es Gründe für eine Duldung gäbe. Vor allem bei
Personen, die eine feste Arbeitsstelle haben oder eine Ausbildung machen
und die sich nichts zuschulden kommen lassen haben, müsse ein
Bleiberecht gewährt werden. „Wir müssen auch abgelehnten
Asylsuchenden Bleibeperspektiven eröffnen und sie motivieren und dabei
unterstützen, dies zu erreichen. Und so kann auch Frust,
Perspektivlosigkeit und „auffälligem Verhalten" vorgebeugt werden."
Diesbezüglich wird OB Palmer aufgefordert, sich für eine Nachbesserung
der derzeit von der Bundesregierung vorgelegten Vorschläge zur
„Beschäftigungsduldung" und zur „Ausbildungsduldung" im Rahmen des
Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (sog. „Spurwechsel") einzusetzen.
Denn diese beinhalten noch viel zu hohe Hürden, um ein solches
Bleiberecht erhalten zu können.
30.01.2019 Schwäbisches Tagblatt Tübingen: Die Liste der Auffälligen
Die Liste der Auffälligen
Geflüchtete Die Stadtverwaltung beobachtet "straffällig gewordene und gewaltbereite Asylbewerber" genau und will die Bevölkerung vor ihnen schützen.
Die Unterkunft für Geflüchtete in der Europastraße liegt abseits von Wohnbebauung direkt an der B28. Und es ist die einzige Unterkunft, in der es einen Sicherheitsdienst gibt. Deshalb will Oberbürgermeister Boris Palmer in den beiden Häusern nun "auffällige Asylbewerber" unterbringen. Wer zu diesem Personenkreis gehört, wird auf einer Liste geführt (wir berichteten gestern).
Palmer sagte gestern auf Nachfrage des TAGBLATTS, diese Liste sei zur Zeit im Aufbau, erst seit etwa vier Wochen führe die Verwaltung sie. Sie werde gespeist aus Informationen der Polizei, des Ordnungsamts und der städtischen Sozialarbeiter. Palmer nannte als Beispiel drei Fälle, die auf der Liste stehen. In einem Fall habe ein Asylbewerber damit gedroht, seinen Mitbewohner zu ermorden, in einem andern Fall sei ein Flüchtling von der Polizei "bei einer versuchten Vergewaltigung erwischt" worden und im dritten Fall handle es sich um Drogenhandel.Fällt jemand negativ auf, werde der Sozialarbeiter, der für die Bewohner der entsprechenden Unterkunft zuständig ist, gefragt, ob es ratsam sei, ihn in seiner Unterkunft zu lassen oder ob er besser verlegt werden soll.
Wie viele Namen inzwischen auf der Liste stehen, weiß Palmer nicht. "Ich habe noch keine Zahlen, die Liste ist ja erst im Aufbau." Palmer ist sich sicher, dass "fünf Prozent der Asylbewerber für 90 Prozent des Ärgers sorgen." In Tübingen dürfte essich nach Schätzungen des Oberbürgermeisters um gut 50 Personen handeln, die am Ende auf der Liste stehen.
Ob bereits Personen auf der Liste aus ihrer Unterkunft in die Europastraße verlegt wurden, weiß Palmer auch nicht. Was er aber weiß: Die beiden Häuser in der Europastraße sind mit über 50 Bewohnern fast voll belegt. "So viel Platz, um alle schwierigen Personen dort unterzubringen, gibt es in der Europastraße gar nicht", so Palmer.In der Unterkunft dort habe es "von Anfang an Probleme gegeben", sagt der OB. Deshalb gebe es dort einen Sicherheitsdienst. Dieser habe das Hausrecht und dürfe im Haus auch Personalien feststellen. Die Hauptaufgabe des Sicherheitsdienstes aber sei, bei Gewalt einzuschreiten. Die Verwaltung habe, eben weil es diesen Sicherheitsdienst gibt, "schwierige Personen" in der Europastraße untergebracht.
Kurz nach dem Telefonat mit dem TAGBLATT begründete Palmer gestern auf Facebook (auf der Seite von Hasnain Kazim) die Liste. Dort bezieht er sich auf "abgelehnte Asylbewerber", bei denen die herkömmlichen Sanktionen nicht greifen, weil sie weder Geld noch Sozialprestige zu verlieren hätten. Palmer schreibt: "Wir haben vor zwei Monaten mit der Polizei einen Datenaustausch etabliert und führen eine Liste der Asylbewerber, bei denen erhöhte Aufmerksamkeit geboten erscheint, weil sie straffällig werden oder Gewaltbereitschaft zeigen. (...) In der Vergangenheit haben die städtischen Sozialarbeiter darüber im Normalfall keine Information erhalten. Es konnte also sein, ein Asylbewerber hatte in der Nacht Bekanntschaft mit der Polizei gemacht und am nächsten Morgen erklärt ihm ein Sozialarbeiter, wie er einen Antrag auf Unterstützungsleistungen richtig ausfüllt. Welches Bild von unserem Staat entsteht da bei dem Asylbewerber? Und kann man es verantworten, eine Sozialarbeiterin in ein persönliches Gespräch zu schicken, wenn man gar nicht weiß, dass der Betreffende am Vorabend jemand mit dem Messer bedroht hat?" Solche Informationen müssten vorliegen und systematisch genutzt werden, "um zu intervenieren und sowohl die Mitbewohner, als auch die Beschäftigten als auch die Bevölkerung zu schützen".
Anschlussunterkunft und Landeseinrichtung
So viel Platz, um alle schwierigen Personen dort unterzubringen, gibt es in der Europastraße gar nicht.
Boris Palmer, Oberbürgermeister
Mit einer "sicheren Landeseinrichtung", wie sie Palmer im vergangenen Herbst gefordert hat, hat die Unterkunft in der Europastraße nichts zu tun. Sie ist eine Anschlussunterkunft, in der die Stadt Geflüchtete unterbringt, die entweder einen Aufenthaltsstatus haben oder die ohne Aufenthaltsstatus seit mindestens zwei Jahren im Land sind. Der Landkreis weist jeder Gemeinde eine von der Einwohnerzahl abhängige Anzahl von Flüchtlingen zu, die sie in einer sogenannten Anschlussunterkunft unterbringen muss.
Mit einer " sicheren Landeseinrichtung"meint Palmer dagegen eine Unterkunft, die das Land betreibt. In dieser sollen Asylbewerber , "die sich integrationsunwillig zeigen", untergebracht werden.
Sie sollen dort Sach- statt Geldleistungen bekommen.
In der Anschlussunterkunft in der Europastraße wohnen zur Zeit knapp 50 Menschen. Oberbürgermeister Boris Palmer will dort nun nach und nach "auffällige Asylbewerber" einquartieren.
29.01.2019 Südwest Presse: Tübingen verschärft Kurs gegen auffällige Asylbewerber
Tübingen verschärft Kurs gegen auffällige Asylbewerber
Flüchtlinge OB Boris Palmer fordert Verlegung in Landeseinrichtungen, um Kommunen zu entlasten. Hessen will das umsetzen, Baden-Württemberg nicht. Von Roland Müller
Die Stadt Tübingen führt eine Liste mit auffälligen Asylbewerbern und verlegt sie in ein Wohnheim mit Sicherheitsdienst. „Es kann nicht sein, dass, wenn einer am Bahnhof Schlägereien anzettelt, die einzige Konsequenz ist, dass tags darauf ein Sozialarbeiter ihn besucht und fragt, wie es ihm geht“, sagte OB Boris Palmer (Grüne) dieser Zeitung.
Die Stadt habe daher begonnen, im Verdachtsfall alle verfügbaren Informationen von Polizei und Behörden über eine Person zu sammeln. Wer auf der Liste steht, werde „zunehmend öfter“ verlegt; die Security koste die Stadt rund 300 000 Euro im Jahr. Es sei nur ein kleiner Teil der Asylbewerber, die mit Gewalt- und Drogendelikten auffällig würden. „Wenn die die Erfahrung machen, dass erstmal nichts passiert, können daraus kriminelle Karrieren entstehen.“ Diese kleine Gruppe konterkariere die Integrationsbemühungen der großen Mehrheit der Flüchtlinge.
Palmer fordert weiterhin vom Land, auffällige Flüchtlinge raus aus den Städten in Landeseinrichtungen zu verlegen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte dem im November zugestimmt. „Solche Gruppen muss man trennen und an verschiedenen Orten unterbringen“, sagte er damals. Das Innenministerium von Thomas Strobl (CDU) sieht dafür aber keine Handhabe. Man habe den Vorschlag geprüft, doch es gebe keine gesetzliche Grundlage, sagte ein Sprecher. Hessen will genau das hingegen umsetzen: Im schwarz-grünen Koalitionsvertrag heißt es, wenn „erhebliche Zweifel an der Integrationswilligkeit“ von Asylbewerbern bestünden, sollen diese „in einer Landeseinrichtung verbleiben oder erneut dort untergebracht werden.“
Das Stuttgarter Ministerium sieht die hessischen Pläne skeptisch und verweist auf den „Sonderstab gefährliche Ausländer“, der sich mit ausreisepflichtigen Intensivtätern und Gefährdern beschäftige und Abschiebungen forciere. Der Stab arbeite sehr erfolgeich, hier würden Kommunen auch „Fallkonferenzen und Workshops“ angeboten.