Baden-Württemberg will weiter nach Afghanistan abschieben

Im Streit um die Abschiebungen nach Afghanistan schloß die grünschwarze Landesregierung im Koalitionsausschuss des Landtags einen faulen Kompromiss: Es soll weiter abgeschoben werden, aber jeder Einzelfall soll noch genauer geprüft werden. Das zuständige RP Karlsruhe soll sogar proaktiv auf Bleibemöglichkeiten hinweisen. Dass dieser "Kompromiss" nicht mehr ist als eine öffentlichkeitswirksame Beruhigungspille für die grüne Basis, die sich verschiedentlich für einen Abschiebestopp stark macht, dürfte offensichtlich sein. Innenminister Strobl machte jedenfalls klar, dass sich faktisch nichts ändern werde.

Hierzu auch die Pressemitteilung des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg vom 9.3.17:

<h1>Ein „Weiter so!“ für den uneinsichtigen Abschiebeminister</h1>

Flüchtlingsrat reagiert skeptisch auf Beschlüsse des Koalitionsausschusses zu Afghanistan

Mit großer Skepsis reagiert der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg auf die Ergebnisse des Koalitionsausschusses zum Thema Abschiebungen nach Afghanistan. Darin war vereinbart worden, Einzelfälle „noch sorgfältiger zu prüfen“, dass die Landesregierung sich dafür einsetzen würde, dass Abgeschobene in Afghanistan eine „angemessene Betreuung“ durch die Internationale Organisation für Migration (IOM) erhalten, und dass Geduldete auf Bleiberechtsregelungen für gut Integrierte hingewiesen werden.

„Es ist bereits seit Beginn der Sammelabschiebungen nach Afghanistan davon die Rede gewesen, dass Einzelfälle sorgfältig geprüft werden würden. Dies ist ganz offensichtlich nicht geschehen. Innenminister Strobl lässt jegliches Problembewusstsein vermissen und behauptet, es habe bisher keine schwerwiegenden Pannen bei der Einzelfallprüfung gegeben. Unter diesen Umständen ist die Ankündigung einer 'noch sorgfältigeren Einzelfallprüfung' ein schlechter Witz und ein klares Signal für ein 'Weiter so!' für den uneinsichtigen Abschiebeminister, garniert mit einigen Pseudo-Zugeständnissen für die Galerie“, kommentiert Seán McGinley, Geschäftsführer des Flüchtlingsrates Baden-Württemberg.

Dass diejenigen, die potenziell von Bleiberechtsregelungen profitieren könnten, explizit auf diese hingewiesen werden, bewertet der Flüchtlingsrat positiv. Allerdings würden viele der Betroffenen die Erfahrung machen, dass die Hürden hier so hoch seien und häufig noch durch restriktive Gesetzesauslegungen erschwert würden, so dass die Bleiberechtsregelungen häufig ins Leere laufen und nur ein kleiner Prozentsatz derjenigen, die die Kriterien erfüllen, von diesen Regelungen profitieren. Entsprechende Zahlen wurden kürzlich aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen Bundestagsfraktion bekannt.

Der Flüchtlingsrat bleibt bei seinem Standpunkt, dass Abschiebungen nach Afghanistan angesichts der aktuellen Lage dort generell nicht akzeptabel sind. Diese Position vertritt übrigens auch die Bundesarbeitsgemeinschaft „Flucht und Migration“ der Grünen in einem aktuellen Positionspapier, und fordert alle Bundesländer mit grüner Regierungsbeteiligung zum Abschiebestopp auf.

„Die Grüne Landtagsfraktion und der Landesvorstand haben kürzlich einen Abschiebestopp gefordert, falls die Bundesregierung die Sicherheitslage in Afghanistan nicht neu bewertet. Die Bundesregierung hat klargemacht, dass sie dies nicht tun wird. Stattdessen ignoriert sie den von ihr im Auftrag gegebenen Bericht des UNHCR, weil dessen Inhalt ihr politisch nicht in dem Kram passt. Doch anstatt ihre Ankündigung wahrzumachen, haben sich die Grünen scheinbar auf einen weiteren faulen Kompromiss eingelassen, der es dem Innenminister erlaubt, seine rücksichtslose Abschiebepolitik unvermindert weiterzuführen“, so McGinley abschließend.

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