Abschiebung aus dem Französischen Viertel

Am 16. Februar sollte eine 50-jährige Frau nach Sri Lanka abgeschoben werden. Die Polizei holte die Frau, die als Altenpflegehelferin in einem Tübinger Senior*innenheim arbeitete, mit einem massiven Aufgebot mitten in der Nacht aus ihrer Wohnung im Französischen Viertel und fuhr sie zum Frankfurter Flughafen. Nach Intervention des Rechtsanwalts wurde die Abschiebung gestoppt. Die Frau habe Tage davor ihre Bereitschaft zur "freiwilligen Ausreise" unterschrieben. Wie sich herausstellte, wurde dies von Seiten der Tübinger Ausländerbehörde nicht an das Regierungspräsidium Karlsruhe mitgeteilt. Ob Abschiebung oder "freiwillige Ausreise": Warum muss der Aufenthalt einer gut integrierten alleinstehenden Frau überhaupt beendet werden?

Leserbrief von Andreas Linder zum Artikel "Boris Palmer entschuldigt sich":

Herr Palmer entschuldigt sich dafür, dass die Altenpflegehelferin Frau L. letzte Woche aus Tübingen abgeschoben werden sollte statt eine "freiwillige Ausreise" zu bekommen. Problematischer als der Fehler der Mitarbeiterin der Ausländerbehörde ist allerdings der Automatismus, mit dem Menschen, die in Deutschland Schutz gesucht haben, aus dem Land geworfen werden sollen, wenn ihr Asylantrag abgelehnt wurde. Die Sammelabschiebungen nach Afghanistan sind hier nur die Spitze des Eisbergs. Abschiebung scheint mittlerweile zur Staatsräson Nr. 1 geworden zu sein. "Konsequent abschieben", etwas anderes kann Landesinnenminister Strobl anscheinend gar nicht mehr denken und sagen. Die Grünen sind mehr für die "freiwillige Ausreise", weil das humaner und billiger ist, aber im Endeffekt kommt es auf dasselbe heraus. Je mehr Menschen weggeschafft werden, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass ein paar Leute beim nächsten Mal nicht mehr die AFD wählen, sondern wieder uns. So das irrwitzige Kalkül der Aufenthaltsbeendigungsfanatiker. Mit so einer Politik wird eine Altenpflegehelferin aus dem Französischen Viertel heraus ins Nichts geschickt. Roma-Familien werden in Elend und Rassismus ihrer "sicheren Herkunftsländer" geschickt. Afghan*innen werden in den Krieg und Terror geschickt, vor denen sie geflohen sind. Für diese Politik steht auch unser Ministerpräsident Kretschmann, der bei seiner Weltethos-Rede unhinterfragt Jubelarien auf die deutsche Weltoffenheit von sich geben konnte. Muss man den Aufenthalt von Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, beenden? Nein, man muss nicht. Abschiebung ist keine Lösung.

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