Journalistin Mesale Tolu aus Ulm aus türkischer Haft entlassen

Presseerklärung der Gesellschaft Kultur des Friedens vom 18.12.17

Journalistin Mesale Tolu aus Ulm unter Auflagen aus der türkischen Haft entlassen. Dank an Unterstützer/nnen
Gedenken der Opfer des Terroranschlages in Berlin. Rolle der (internationalen) Geheimdienste nicht geklärt.

Die Gesellschaft Kultur des Friedens (GKF) dankt für die Unterstützung der inhaftierten Journalistin Mesale Tolu aus Ulm u.a. mit einer Postkartenaktion in das türkische Gefängnis, für die Ihre Tochter und Heike Hänsel (MdB) am Tag der Menschenrechte in Stuttgart bei einer Solidaritäts-Kundgebung der GKF geworben haben.
Hänsel hat an dem Prozess in Istanbul teilgenommen und von dort heute morgen von ihrer Freilassung  unter Auflagen berichtet. Siehe Presseinformationen unten.

Heute am Montag 18.12. 2017 gibt es ein denkwürdiges Treffen im Kanzleramt anlässlich des Anschlages auf dem Berliner Weinachtsmarktes durch den Attentäter Anis Amri.  Ein Jahr nach dem Berlin-Attentat wird Angela Merkel die Hinterbliebenen der Opfer treffen. Kritiker werfen ihr vor, zu lange mit dieser Begegnung gewartet zu haben.
Bundespräsident Steinmeier wird am 19.12. dem Jahrestages, des Attentates an der Gedächtniskirche sein.
Die Politik und die Medien werden dies wie einen Staatsakt behandeln. Ein Mahnmal soll  für die Opfer eingeweiht werden. Die Mit- Verantwortlichkeiten für diesen Anschlag sind jedoch noch immer nicht geklärt. Untersuchungsausschüsse sollen die Hintergründe aufarbeiten. Unabhängige Journalisten und Experten sind der Meinung, dass dieser Terroranschlag hätten verhindert werden können und müssen.
Welt am Sonntag berichtet  von einem Verdacht der schon im Mai 2017 von dem Abgeordneten Ströbele geäüßert wurde. Siehe aktueller Bericht.
 "Die Öffentlichkeit muss den Fakten auf den Grund gehen, gegebenenfalls neu bewerten und die Konsequenzen daraus ziehen. Dies wurde von dem Vorsitzenden der Gesellschaft Kultur des Friedens (GKF) Henning Zierock
bei verschiedenen Anlässen und Kundgebungen gefordert. Dies sei man auch den Opfern und Angehörigen schuldig, damit sich die offentsichtlichen Fehleinschätzen von zahlreichen Verantwortlichen nicht wiederholen.
 


Welt am Sonntag (WamS)
Aktualisiert am 17. Dezember 2017,

Der Attentäter vom Berliner Weihnachtsmarkt, der Tunesier Anis Amri, war seit Anfang 2016 nahezu wöchentlich Thema bei deutschen Sicherheitsbehörden, wurde als Gefährder eingestuft und observiert. Wie intensiv, belegen nun zahlreiche Akten und Dokumente. Dass er dennoch nicht festgenommen wurde, schürt einen üblen Verdacht.
Polizei und Geheimdienste haben den Attentäter vom Berliner Weihnachtsmarkt, Anis Amri, nach Recherchen der "Welt am Sonntag" viel früher und intensiver überwacht als bislang bekannt. Dies gehe aus Tausenden Akten, Dutzenden V-Mann-Berichten und den Protokollen von Telefon- und Internetüberwachungen hervor, die dem Blatt nach eigenen Angaben vorliegen.


Amri schon seit 2015 überwacht

Die Vorwürfe gegen die Polizei sind ungeheuerlich.
Spätestens seit November 2015 ließ die Bundesanwaltschaft demnach den Tunesier vom Bundeskriminalamt (BKA) und vom Landeskriminalamt (LKA) Nordrhein-Westfalen durch einen V-Mann der Polizei, der sich "Murat" nannte und als "VP01" in den Akten auftaucht, gezielt überwachen.Dies sei Teil der verdeckten Ermittlungen gegen die mutmaßliche IS-Terrorzelle des Hildesheimer Hasspredigers Abdullah Abdullah gewesen, der unter seinem Decknamen "Abu Walaa" bekannt ist. Am 19. Dezember 2016 war Amri mit einem Laster in den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche gerast. Bei dem bislang schwersten islamistischen Anschlag hierzulande waren zwölf Menschen getötet und annähernd 100 Menschen verletzt worden. Amri wurde später auf der Flucht von italienischen Polizisten erschossen.

Bereits am 14. Dezember 2015 lud Amri laut "WamS" mit seinem rund um die Uhr überwachten Smartphone detaillierte Anleitungen zum Mischen von Sprengstoff sowie zum Bau von Bomben und Handgranaten herunter.
Spätestens vom 2. Februar 2016 an telefonierte Amri demnach auf diesem abgehörten Handy mit zwei IS-Kadern in Libyen und bot sich als Selbstmordattentäter für einen Anschlag in Deutschland an.


Agentin seit Anfang 2016 auf Amri angesetzt
Das Blatt berichtet außerdem über Behörden-Mails und Akten, die eine starke Beteiligung deutscher Nachrichtendienste belegen. So habe der Verfassungsschutz bereits im Januar 2016 eine zweiseitige Analyse zu Amri verfasst, die von Behördenchef Hans-Georg Maaßen selbst unterschrieben wurde. Sein Bundesamt hatte laut "Wams" für Amri sogar eine eigene Sachbearbeiterin eingesetzt, die Agentin F. in Berlin. Die Recherchen sollen laut der Zeitung zudem belegen, dass Amri schon vor seiner Ankunft in Italien im April 2011 über enge persönliche und sogar familiäre Verbindungen zu Kämpfern und Führungskadern der Terrormiliz "Islamischer Staat" in Libyen verfügte.
Der Grund, warum Amri trotz all dieser Erkenntnisse nicht vor dem Anschlag verhaftet wurde, geht laut "WamS" aus den ihr vorliegenden Akten nicht hervor.


Sind internationale Geheimdienste in den Fall verwickelt?
Allerdings legten die mehrmonatigen Recherchen eine Verwicklung auch internationaler Geheimdienste nahe. Diese dürften in Amri einen "Lockvogel" gesehen haben, der sie zu seinen Hintermännern, den Anschlagsplanern in Libyen, führen sollte. Weiter berichtet das Blatt, dass wenige Wochen nach dem Anschlag und Amris Tod B2-Tarnkappenbomber der USA am 19. Januar 2017 exakt jenes IS-Wüstencamp in Libyen angegriffen hätten, in dem die Hintermänner des Attentats vom Weihnachtsmarkt vermutet wurden. Hans-Christian Ströbele, damals Mitglied des Geheimdienst-Kontrollgremiums des Bundestags, vermutet deshalb die "ordnende Hand" eines US-Geheimdienstes oder des US-Militärs hinter der "ansonsten unerklärlichen" Nicht-Festnahme Amris, wie er sagte.
 
 

Pressemeldung zur Freilassung von Mesale Tolu

Seit April ist die deutsche Journalistin Mesale Tolu in türkischer Haft. Nun kommt sie auf freien Fuß, darf die Türkei aber nicht verlassen. Die in der Türkei inhaftierte deutsche Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu kommt unter Auflagen frei. Das erklärten ihre Anwälte am Montag. Tolu müsse sich jeden Montag bei den Behörden melden, teilte die Linken-Bundestagsabgeordnete Heike Hänsel, die den Prozess in Istanbul beobachtet, auf Twitter mit. Es sei zudem ein Ausreiseverbot verhängt worden. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft in Istanbul die Freilassung von Tolu und der fünf weiteren inhaftierten Angeklagten in dem Verfahren gefordert. Die meisten türkischen und deutschen Reporter waren bei dem zweiten Verhandlungstag in dem Verfahren zunächst ausgeschlossen worden. Als Grund gaben die Sicherheitskräfte im zentralen Gerichtsgebäude in Istanbul vor Verhandlungsbeginn am Montag an, der Saal sei voll. Größere Säle seien belegt.


Vorwurf: Mitgliedschaft in einer Terrororganisation
Als Beobachter im Verhandlungssaal nahmen die Linke-Abgeordnete Heike Hänsel, der deutsche Botschafter Martin Erdmann und der Enthüllungsjournalist Günter Wallraff teil. Hänsel und Wallraff hatten vor Verhandlungsbeginn die Freilassung von Tolu aus der Untersuchungshaft gefordert. Zum Auftakt des Verfahrens gegen Tolu am 11. Oktober hatte es das Gericht abgelehnt, die 32-Jährige bis zu einem Urteil auf freien Fuß zu setzen. Tolu und 17 türkischen Angeklagten wird Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vorgeworfen. Dabei soll es sich um die linksextreme MLKP handeln. Der aus Ulm stammenden Deutschen drohen nach Angaben ihrer Anwälte bis zu 20 Jahre Haft.


Waffe auf Sohn gerichtet
Zum Auftakt des Verfahrens hatten Tolu und alle anderen Angeklagten die Vorwürfe zurückgewiesen. "Ich fordere meine Freilassung und meinen Freispruch", sagte Tolu im Oktober vor dem Gericht in Silivri bei Istanbul. "Ich habe keine der genannten Straftaten begangen und habe keine Verbindung zu illegalen Organisationen." Tolu kritisierte damals auch die Umstände ihrer Festnahme am 30. April, als Anti-Terror-Polizisten ihre Wohnung in Istanbul stürmten. "Die Spezialeinheit der Polizei hat nicht nur die Waffe auf meinen Sohn gerichtet, sondern sie haben mich auch noch vor den Augen meines Kindes gewaltsam festgenommen." Auch ihr Ehemann sei in Untersuchungshaft.


Zweijähriges Kind mit Mutter im Gefängnis
"Deswegen lebt mein Sohn, der eigentlich in den Kindergarten gehen müsste, seit fünf Monaten mit mir im Gefängnis", sagte sie im Oktober. "Aus diesem Grund ist die Untersuchungshaft nicht nur für mich, sondern auch für meine Familie und für meinen Sohn zur Bestrafung geworden." Der zweijährige Sohn Tolus ist mit der Mutter im Frauengefängnis im Istanbuler Stadtteil Bakirköy untergebracht.

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